3 - Die Handwerkskünste
Sechs Videos stellen die hoch spezialisierten Aufgabengebiete verschiedener Meisterhandwerker vor: Marqueteur, Edelsteinfasser, Guillocheur, Kettenschmied, Emailleur und Graveur.
Ein Schöpfer von Miniatur-Marqueterien muss äußerst geschickt, methodisch, penibel und präzise arbeiten; die Holzmaserung offenbart seinem geschulten Auge, was mit all den winzigen, aus hauchdünnem Furnier geschnittenen Formen zu bewerkstelligen ist
In der Welt der Uhrmacherei ist die Marqueterie, eine traditionell bei Möbeln, kleineren Holzobjekten und Tafelbildern eingesetzte Dekorationstechnik, ein relatives Novum. Um ein Objekt zu verzieren oder auf Paneelen ein Kunstwerk zu kreieren, benutzt der Marqueteur eine Auswahl verschiedener Hölzer in einer Vielzahl von Farben, die er nach seiner Inspiration und den gewählten oder vorgegebenen Motiven entsprechend zurechtschneidet, zusammenfügt und aufleimt. Bei geometrischen Ornamenten lautet der Fachbegriff „Parqueterie“; doch bei beiden Varianten gibt es abstrakte ebenso wie figürliche Dekors, und dem Schöpfer steht eine breite Palette von Farbtönen zur Verfügung, die er nach seinem Geschmack kombiniert. Er arbeitet mit bis zu 130 Holzarten und wählt aus bis zu 60 oder 70 natürlichen Farben aus, die zuvor gebeizten Hölzer nicht mitgerechnet. Das Prinzip ist stets das gleiche: Die Furniere werden nach Maßgabe einer Zeichnung geschnitten und auf Trägermaterialien aufgeleimt.
Die Geschichte der Marqueterie
Ihren Ursprung hat die Marqueterie im antiken Griechenland, wo man Holzobjekte mit Intarsien aus verschiedenen Materialien verzierte. Zur Zeit des Römischen Reiches war das Verfahren nicht mehr gefragt, tauchte aber im Italien des Mittelalters erneut auf und erlebte seine Blüte im 17. und 18. Jahrhundert, insbesondere in Frankreich und im Werk von André-Charles Boulle. Dieser berühmte Kunsttischler entwickelte eine Technik, die bis heute angewandt wird, obwohl sie im 20. Jahrhundert schon fast ausgestorben war. Dabei werden Furnierblätter blockweise mit einer Laubsäge bzw. einer speziellen Marqueterie-Säge, dem „Chevalet“, geschnitten – eine Tischsäge mit sehr feinem Blatt.
Die zusammengefügten Stücke werden mit Heißleim verklebt und gepresst. Um neben der erwünschten Dicke und einer makellos glatten Oberfläche zusätzliche Abtönungen und Tiefenwirkung zu erzielen, können mehrere übereinander liegende Furniere verwendet werden. Zuletzt wird die Komposition sorgfältig abgeschliffen.
Die Technik ist unabhängig von Größe und Beschaffenheit der Basis stets dieselbe – seien es Möbel, Bilder, Gehäuse von Großuhren oder, in jüngerer Zeit, sehr kleine Objekte wie Taschenuhren und Armbanduhren.
Patek Philippes erster Marqueteur
Es war fast ein Zufall, dass Patek Philippe zum Pionier für diesen neuen Typ der Marqueterie wurde. Die Manufaktur hatte bei einem begnadeten Kunsttischler für einen Kunden eine Präsentationsschatulle in Auftrag gegeben. Von dem Ergebnis begeistert, schlug man ihm vor, seine Kunst en miniature zu erproben. Der Handwerker meisterte die Herausforderung – noch nie zuvor war eine Uhr mit Marqueterie verziert worden – erstmals 2008 bei der Taschenuhr Kenianische Kronenkraniche , Ref. 982/115, und zwei Jahre später bei der Armbanduhr Königstiger, Ref. 5077P. Ein neues Handwerk war geboren, das seither Uhrenliebhaber immer wieder begeistert. Und auch die Perspektiven sind glänzend, vorausgesetzt, dass andere Kunsthandwerker geschult werden, denn heute sind in der Uhrmacherei nur eine Handvoll Marqueterie-Spezialisten tätig. Wir sprechen hier nur von Holzmarqueterien, denn für Patek Philippe zählt vor allem, dass die Kreation die Zeiten überdauern sollte.
Hier trifft die Uhrmacherei auf die Haute Joaillerie: Das Edelsteinfassen ist eine diffizile Kunst, für die man Nerven aus Stahl braucht
Uhrmacher haben schon immer eng mit Juwelieren zusammengearbeitet, zumal in der Vergangenheit viele aus dem Schmuckhandwerk zur Uhrmacherei kamen. Die Tradition, Uhrengehäuse mit Besatz von Edelsteinen, speziell mit Diamanten, zu verzieren, weitete sich allmählich auf alle Teile der Uhr aus, vom Armband bis zum Zifferblatt, einschließlich der Bandanstöße, des Gehäuses und der Lünette.
Erst die Fassung, dann der Stein
Wenn der Steinsetzer sein Werkstück erhält, ist für die meisten Techniken bereits der Boden bereitet. Die Platzierung jedes Steins ist festgelegt und markiert, und Führungslöcher sind gebohrt, deren Durchmesser kleiner sein muss, als ihn die Steine am Ende erfordern. Für Uhren in der regulären Fertigung wird diese Vorbereitungsarbeit – auch unter dem französischen Begriff mitraillage bekannt – in der Regel von einem Präzisionsinstrument maschinell ausgeführt. Das gilt jedoch naturgemäß nicht für Einzelanfertigungen und bestimmte Schmuckuhren, bei denen das handwerkliche Können das Niveau hoher Kunst erreicht.
Mit einem Kugelfräser bohrt der Steinfasser zunächst eine Einsenkung und bereitet so den Platz für den Stein vor. Dann biegt er aus dem Metall mit seinem Stichel kleine Kügelchen bzw. Körner auf. Diese winzigen Mengen Metall sorgen für eine sichere Fixierung des Steins. Beim Einsetzen eines Steins wird das Korn gespalten, und die einzelnen Halbkörner klemmen auch die Nachbarsteine fest. Zuletzt werden die winzigen Körner abgerundet, poliert und von scharfen Kanten befreit. Dies ist eine klassische Fassung für Diamanten. Doch Patek Philippes Meisterhandwerker benutzten zum Fassen von Edelsteinen auch andere Techniken.
Techniken der Edelsteinfassung
Der rasterlose Pavé-Besatz Bei dieser Fassart, die dem Steinfasser den größten kreativen Spielraum bietet, wird die Wirkung durch Steine von zehn oder sogar 20 unterschiedlichen Größen erzielt. Der Steinfasser arbeitet mit einem vom Gemmologen vorbereiteten Satz Steine und ist bestrebt, eine harmonische Komposition zu schaffen, bei der zwischen den Steinen nur ein Minimum an Metall sichtbar ist. Dennoch muss jeder Edelstein von mindestens zwei oder drei Körnern fixiert werden. Der Steinfasser kreiert sein Fassraster entweder im Laufe der Arbeit oder gleich zu Beginn komplett, stets jedoch ohne Entwurfszeichnung, so dass er dem persönlichen Geschmack und seiner Inspiration freien Lauf lassen kann.
Eine andere Technik ist bekannt als unsichtbare Fassung Für diese Technik werden die Steine von einem Diamantschleifer speziell vorbereitet – sie bekommen eine horizontale Nut, mit der man sie auf eine passende kleine Schiene im Gold des Werkstücks schieben kann. Weil das Edelmetall eine gewisse Flexibilität aufweist, kann die Nut des Steines sicher auf der Schiene festgeklemmt werden. Die Technik der unsichtbaren Fassung erfordert höchste Präzision, weil einmal fixierte Edelsteine nicht mehr gelöst werden können.
Die Technik der unsichtbaren Fassung, auch „mystery setting“ genannt, eignet sich gleichermaßen für Baguette-Diamanten und für farbige Edelsteine wie Rubine, Saphire oder Smaragde. Es ist ein heikles Unterfangen, weil die Winkel des Baguetteschliffs von 90° oder weniger den Stein sehr fragil machen. Der erfahrene Handwerker weiß jedoch, wie sich die gefährlichen und kostspieligen Klippen umschiffen lassen.
Kornfassung Eine Diamantreihe kann eine Uhr völlig verwandeln, denn sie verleiht ihr eine kostbare und dezent luxuriöse Note. Bündig zum Gehäuse wendet der Steinfasser die für Patek Philippe typische hochpräzise Kornfasstechnik an, bei der jeder Diamant mithilfe kleiner, von Hand aufgebogener Edelmetallkörner sicher und für das bloße Auge kaum sichtbar in seiner Fassung fixiert wird. Durch den minimalen Metalleinsatz, die exakten Spaltmaße und die akkurate Ausrichtung der Diamanten entsteht eine vollkommen ebenmäßige Oberfläche und ein harmonisches Erscheinungsbild von strahlendem Glanz.
Das Patek Philippe Siegel
Das Gütezeichen der Manufaktur wurde als Garantie für die langfristige Integrität aller Patek Philippe Uhren geschaffen. Dieses Siegel definiert auch für Diamanten strenge Qualitätskriterien: Sie müssen lupenrein sein, den Top Wesselton Farbspezifizierungen entsprechen und einen makellosen Schliff aufweisen. Nur mit den richtigen Proportionen, der perfekten Symmetrie und exakt geschliffenen Facetten kann ein Diamant sein strahlendes Feuer und seine Brillanz entfalten.
Alle Edelsteine müssen lotrecht, achsparallel, höhengleich und in echter Juweliersmanier gefasst sein und dürfen keinesfalls geklebt werden. Für alle Diamanten muss zudem die konfliktfreie Herkunft per Zertifikat bescheinigt werden.
Eine hochbetagte, von Hand bediente Maschine kreiert wunderschöne gravierte Muster auf Zifferblättern, Uhrwerken, Gehäusen und Armbändern
Das Guillochieren ist eine Dekorationstechnik mit maschineller Hilfe. Im Laufe der Jahrhunderte haben Guillocheure die unterschiedlichsten handbetriebenen Drehbänke benutzt, die sie nach individuellem Bedarf einrichteten, um ihre Kunst und Technik zur vollen Entfaltung zu bringen. Das Funktionsprinzip ist stets, den Gravierstichel durch gleichzeitiges Drehen von zwei Handkurbeln so zu führen, dass er feine Rillen in sich wiederholenden geometrischen Mustern in eine Metalloberfläche ritzt. Es gibt zwei Arten von Guillochiermaschinen, die Geradzug- und die Rundzugmaschine.
Wie bereits der Name verrät, wird Erstere zum Gravieren gerader Linien benutzt, die sich in beliebigen Winkeln kreuzen können – zum Beispiel im Winkel von 90° für das „Hufnagelmuster“, auch Clous de Paris-Dekor genannt. Mit einer Hand führt der Guillocheur den Stichel horizontal auf das zu verzierende Werkstück zu, während die andere Hand den Stichel vertikal bewegt.
Mit der zweiten, bekannteren und häufiger benutzten Variante, der Rundzugmaschine, lassen sich faszinierende Ornamente in fast unendlicher Vielfalt gestalten, weil sie wellenförmige Linien gravieren kann. Die Guillochiermaschine ist mit Drehscheiben bestückt, die man entsprechend auch als Rosetten bezeichnet. Mit einer Hand hält der Guillocheur die Maschine in Rotation, die andere führt mit äußerster Präzision den Stichel.
In der Schweiz war die Kunst des Guillocheurs – zusammen mit den wenigen Meisterhandwerkern, die die Bedienung der alten Maschinen noch beherrschten – für einige Zeit beinahe ausgestorben. Zum Glück gelang es den verbliebenen Spezialisten in den späten 1990er Jahren, ihr Wissen noch rechtzeitig weiterzugeben: Es entwickelte sich eine rasch wachsende Nachfrage nach diesen feinen Verzierungen mit ihrem kaleidoskopischen Spiel aus sich überlappenden Linien und Wellen und den sich wiederholenden geometrischen Mustern. Sie tauchten auf Uhrgehäusen und Armbändern auf, schmückten Zifferblätter und fanden sogar den Weg in die Uhrwerke, wo man sie später durch Sichtböden aus Saphirglas bewundern konnte. Heute wird das Guillochieren nicht mehr an den Schulen gelehrt, sondern nur noch von Meister zu Meister weitergegeben.
Die Rundzugmaschine und der Künstler
Ein Guillocheur muss seine Maschine in- und auswendig kennen, denn die letzten Gebrauchsanweisungen wurden vor 200 Jahren verfasst. Die Wahl der Verzierung hängt von der Form des Werkstücks ab – anders gesagt davon, ob es sich um das Gehäuse einer Uhr, ein Armband, einen Teil des Zifferblatts oder einen Aufzugsrotor handelt. Der Guillocheur muss immer wieder einen Schritt zurücktreten, um das Werkstück als Ganzes zu betrachten, und sich dann mit Hilfe seines Binokulars – ein Beitrag des 20. Jahrhunderts zu einer 200 Jahre alten Maschine – in die winzigen Details vertiefen.
Der Guillocheur arbeitet in konstantem Tempo. Wenn er ein Zifferblatt im Pyramiden-Dekor kreiert – ein Muster, bei dem die Kantenlänge nur 1/100 mm beträgt und das am Ende aus winzigen erhabenen Punkten zu bestehen scheint –, muss er gewährleisten können, dass die Wiederholungen des Motivs nie von diesem Maßstab abweichen.
Ursprünge und Zukunft der Guillochierkunst
Die Kunst des Guillochierens geht bis ins 16. Jahrhundert zurück und erlebte ihre Blütezeit in der Uhrmacherei während des ganzen 19. Jahrhunderts. Im späten 20. Jahrhundert wären die seltsamen Drehbänke beinahe im Altmetall gelandet, und kaum hatten sie ihr Comeback gefeiert, tauchte eine neue Rivalin auf: die Lasergraviermaschine. War die in letzter Sekunde gerettete Kunst des Guillocheurs erneut gefährdet? Die Antwort kam in aller Deutlichkeit aus den Patek Philippe Werkstätten – denn hier haben die Handwerkskünste Priorität.
Kettenarmbänder waren einst groß in Mode und kamen dann aus der Mode. Doch bei Patek Philippe blieb die Leidenschaft, sie zu kreieren und zu pflegen, ungebrochen
Kettenarmbänder hatten ihre Glanzzeiten; bis auf die einfachsten Varianten wie Panzerketten ist ihre Fertigung jedoch sehr komplex, und daher stellt das Kürzen oder Reparieren des Armbands hohe Ansprüche an den Uhrmacher. Nur mit Mühe findet man derzeit einen Händler, der Größenanpassungen oder Reparaturen vornehmen kann. Für die Genfer Manufaktur hingegen ist das Warten und Reparieren ihrer Kettenarmbänder bis heute eine selbstverständliche Pflicht.
Die Fertigung eines Kettenarmbands
Bedenkt man, dass jedes Glied der aufwendigsten Armbänder einzeln von Hand gefertigt, positioniert, ausgerichtet, eingefügt und verlötet wird, dann begreift man auch, dass die Kreation viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Fingerfertigkeit und Expertise des Kettenschmieds bei der Arbeit zu erleben, ist schlichtweg faszinierend. Er beginnt mit fast nichts – nur mit einem einfachen Golddraht.
Als Erstes bringt er den Draht mit einem Zieheisen auf den gewünschten Durchmesser – damit dies leichter geht, bestreicht er ihn zuvor mit Bienenwachs. Dann schlingt er ihn um eine runde, ovale oder elliptische Spindel aus Kupfer oder Stahl. Er muss ihn sehr fest und gleichmäßig um diese Form wickeln, damit die unerlässliche Einheitlichkeit der Glieder nach dem Schneiden jeder Wicklung gewährleistet ist. Ein zwischen Spindel und Draht platziertes Blatt Papier sorgt für einen minimalen Abstand, wenn er die Wicklung von der Spindel nimmt – bevor er sie entfernt, wird das Papier mit einer Lötlampe weggebrannt.
Stile und Techniken der Kettenbänder
Das erste Glied wird geschlossen und verlötet, das nächste daran befestigt, bevor es seinerseits geschlossen und verlötet wird. Dies wird Glied für Glied wiederholt, immer von Hand. Wird lediglich ein Glied ans andere gefügt, entsteht eine einfache Panzerkette. Doch in diesem Metier können die Muster – wie beim Stricken – viel komplexer ausfallen. Die chaîne anglaise etwa besteht aus zwei ineinander verschlungenen Panzerketten. Und so weiter, von den einfachsten zu den schwierigsten Designs. Zu höchster Vollkommenheit gelangt das Kettenarmband zweifellos beim Armband der La Flamme, Ref. 4815/1 , einer exklusive Patek Philippe-Kreation aus zwei chaînes anglaises.
Das Milanaise-Armband wiederum ist ein kompliziertes Geflecht aus feinen, ineinander verwobenen Gliedern – ein sehr flexibles, fast textilartiges Armband. Ein Vorzeigemodell für diese Technik, mit der schon die Kettenhemden des Mittelalters gefertigt wurden, ist die komplizierte Herrenarmbanduhr Ref. 3945/1 , ein Beispiel für die erlesenen Armbänder, die Patek Philippe von den 1970er bis in die 1990er Jahre fertigte.
Ungeachtet des Designs muss jedes Kettenarmband erst perfekt justiert werden, bevor es unter dem Druck einer 30-Tonnen-Presse abgeflacht wird. Anschließend wird das ganze Kettenarmband von Hand durchgewalkt, um die Verbindungen der einzelnen Glieder flexibel zu machen, bevor das Kettenband auf einer Walze in Form gebracht wird. Der Kettenschmied baut nun die Rastenschließe und passt sie an.
Eines der vielen Werkzeuge des Kettenmachers – darunter eine ganze Batterie von Feilen – ist stets ein Unikat, das jeder Lehrling eigenhändig fertigen muss: die Flachzange, die beim Schließen und Löten der Glieder eine Schlüsselrolle spielt.
Hinsichtlich der Länge des Kettenarmbands lässt die Rastenschließe etwa 4 oder 5 mm Spielraum. Darüber hinaus kann man es durch Schneiden kürzen, aber verlängern lässt es sich nicht. Es ist unmöglich, neue Glieder an bereits vorhandene anzufügen, weil diese im Lauf der Herstellung unter der Presse abgeflacht wurden. Kettenarmbänder sind maßgefertigt, und wenn das Handgelenk des glücklichen Besitzers im Laufe der Zeit breiter wird – was oft der Fall ist – wird ein neues Armband gefertigt, wiederum nach Maß.
Neuere Ausführungen wie das Kettenarmband, mit dem Patek Philippe die Ellipse d’Or für Damen, Ref. 4931/2 , versehen hat, besitzen beidseits der Schließe spezielle Passglieder, mit deren Hilfe sich die Länge problemlos variieren lässt.
Vom 17. Jahrhundert an war beim Dekorieren von Uhrgehäusen und Verzieren von Zifferblättern die Kunst der Emailleure sehr gefragt. Heute ist sie vom Aussterben bedroht – nicht jedoch bei Patek Philippe
Email ist eine glasartige, zunächst farblose Substanz (Fondant genannt) auf der Basis von Quarzsand, die durch Zugabe von Metalloxiden eingefärbt werden kann. Zu feinem Pulver zermahlen und wiederholt gewaschen, wird sie mit Wasser zu einer Paste vermischt. Nach der akribischen Vorbereitung der Oberfläche und dem Auftragen einer Grundierung wird die Masse auf alle Teile des Objekts aufgetragen, die emailliert werden sollen. Wenn diese Paste getrocknet ist, wird sie im Ofen bei Temperaturen von über 800° Celsius gebrannt, wobei sie mit dem Metall des Untergrunds verschmilzt und extrem hart und fest wird. Je nach Komplexität des Designs kann ein Objekt bis zu 12 Brennvorgänge erfordern.
Die Emaillierung kam in byzantinischer Zeit in Mode und gelangte am Ende des Mittelalters, vor allem dort, wo Porzellan hergestellt wurde, zur vollen Blüte. Eingesetzt wird sie jedoch bis zum heutigen Tag, besonders in der Uhrmacherei.
Die Techniken des Emailleurs
Emailleure verwenden eine von vier traditionellen Arbeitstechniken, manchmal auch in Kombination; doch die Emailleurinnen – in der Uhrmacherei sind es überwiegend Frauen – die alle Techniken beherrschen, sind dünn gesät.
Cloisonné-Technik Dabei wird ein feiner Flachdraht, meist aus Gold, von unter 0,5 mm Dicke nach einer Vorlage in Form gebogen und auf der mit Emailgrundierung versehenen Trägerplatte fixiert. Nach dem ersten Brennen füllt man die von den Drahtstegen gebildeten Zellen (franz.: Cloisons) mit den ausgewählten Emailmassen. Je nach Art des Emails, den Farben und dem gewünschtem Effekt können mehrere Brennvorgänge notwendig sein. Bei jedem Brennen werden Details verfeinert, die Farben vervollkommnet, und die Gesamtwirkung verändert sich, das Spiel von Transparenz und Tiefe wird noch intensiver.
Die zweite Emailliertechnik, das Champlevé (Grubenschmelz) , ist recht ähnlich. Auch bei diesem Verfahren werden Zellen mit Email gefüllt, doch die Basis wird vorab mit eingravierten Vertiefungen versehen. Das kann bei in Serie hergestellten Stücken und einfachen Dekorationen auf flacher Oberfläche oder simplen Grundformen maschinell geschehen. Doch wenn es um ein komplexes Design geht – und bei Patek Philippes Einzelstücken ist das immer der Fall – muss dieser Arbeitsschritt manuell erfolgen. Der Email-Künstler füllt die Zellen und färbt sie in allen gewünschten Farbschattierungen.
Das dritte Verfahren ist die Paillonné-Technik. Dabei stanzt man aus Blattgold zahllose winzige Flitterteilchen mit unterschiedlichsten Formen; diese kleinen, „Paillons“ genannten Pailletten werden dann zwischen zwei Schichten aus farblosem Email eingebettet.
Die vierte und seltenste Technik ist die Miniaturmalerei auf Email , die sich von den genannten deutlich unterscheidet. Tatsächlich könnte man sie als ein völlig anderes Handwerk betrachten. Schon das Emailpulver wird nicht wie sonst mit Wasser, sondern mit Öl gemischt. Dann trägt der Künstler die Paste mit einem sehr feinen Pinselchen auf eine Emailgrundierung auf. Auf diese Weise können, wie Patek Philippe aufs Schönste bewiesen hat, große Kunstwerke en miniature reproduziert, aber auch ausdrucksvolle Porträts, Landschaften oder große Menschengruppen „gemalt“ werden.
Eine Genfer Spezialität wird bewahrt
Alle vier Techniken können auch an einem einzigen Objekt zum Einsatz kommen, und solche Raritäten waren bereits zu bewundern. Die Emails lassen sich gut mischen und erzielen außerordentlich subtile Farbnuancen, wie die Farben eines Aquarells. All diese Verfahren erfordern angesichts der Vielzahl von Arbeitsschritten Zeit und Geduld, und jeder Gang zum Brennofen ist eine Bewährungsprobe. Ein Staubkörnchen, ein plötzlicher Luftzug, ein Stoß beim zigsten Brennvorgang, und man muss ganz von vorn beginnen: Das Risiko ist allgegenwärtig. Daher das zufriedene und stolze Lächeln des Emailleurs, wenn ein Stück vollendet ist.
Historisch gesehen war die Emailmalerei immer eine Genfer Spezialität, und Patek Philippe hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sie bewahrt wurde. Dennoch ist sie heute, was das Weiterreichen an künftige Generationen betrifft, von allen Kunsthandwerken die am stärksten gefährdete Zunft. Das hohe Niveau der Künstler und Handwerker, die den exzellenten Ruf des Metiers begründen, verlangt eine Expertise, die man nur durch langjährige Ausbildung und Praxis erwerben kann. Daneben braucht ein Emailleur auch künstlerische Intuition und Begabung – und die kann man nicht lernen.
Die Gravur ist eine einzigartige Technik, mit der elegante, schimmernde Linien und subtile Lichtreflexe kreiert werden – eine fantasievolle Kunst auf einer schwierigen Leinwand aus Metall
Das vorrangige Werkzeug des Graveurs ist der … Stift. Natürlich denken wir unwillkürlich an den Gravierstichel (kurz Stichel genannt) bzw. an einen der Stichel aus dem breiten Sortiment, das er stets griffbereit hat – die Zahl und Vielfalt der Stichel an seiner Werkbank ist wirklich beeindruckend. Wie der Füllfederhalter für den Schriftsteller ist der Stichel so etwas wie die natürliche Verlängerung der Hand dieses Künstlers. Das Werkzeug kann zugespitzt, abgeflacht oder gerundet sein, doch stets ist es scharf geschliffen und dringt in das Material ein, um winzige Späne herauszuschneiden und Linien oder Bögen mit unterschiedlich tiefen Furchen abzutragen.
Die Kunst des Graveurs
Bevor er mit der Gravur eines neuen, in vielerlei Hinsicht einzigartigen Werkstücks beginnt, fertigt der Kunsthandwerker einen Entwurf seines Sujets mit allen dazugehörigen Motiven an. Ob für die Reproduktion eines Kunstwerks en miniature, ein Originalwerk oder eine eigene Kreation auf Basis einer Designerskizze, stets muss er erst alle Orientierungslinien für den Stichel mit einer Kaltnadel auf die Metalloberfläche übertragen.
Damit der Stichel diesen Linien exakt folgen kann, müssen die Hände des Graveurs perfekt koordiniert sein. Die eine drückt den Stichel in das Metall; die andere hält das Werkstück mithilfe eines kugelförmigen Instruments namens Gravierkugel, in die er es einspannen und im Verlauf der Arbeit in die gewünschte Position drehen kann. In der Uhrmacherei – ebenso wie in der Welt der Goldschmiedekunst – arbeitet der Graveur mit einem stark vergrößernden Binokular, was ein Höchstmaß an Konzentration erfordert.
Fantasievolle Vielfalt der Gravuren
Jeder Graveur hat seine eigene Persönlichkeit und entwickelt einen unverkennbaren individuellen Stil. Die gängigsten Verzierungen basieren auf einem Muster aus ineinander verschlungenen Arabesken und Voluten, doch die Künstler können auch viele andere Motive meistern. Inspiriert von einem bestimmten Auftrag oder der eigenen Fantasie nimmt unter dem Stichel jedes einzelne einer unendlichen Vielfalt von Motiven Gestalt an.
Es gibt Stich- und Reliefgravuren. Letztere nennt man auch „Ziselierung“, für die das Motiv als Relief mit scharfer Klinge aus dem massiven Metall geschnitten oder mit dem Treibstock spanlos ins Metall getrieben wird. Eine der spektakulärsten Demonstrationen für die Kunst der Gravur in der Horologie ist zweifellos das Gravieren eines skelettierten Uhrwerks; hier sind Meister unterschiedlicher Disziplinen am Werk, die mit ihren Fertigkeiten das Talent der anderen unterstreichen. Die Patek Philippe Skelettuhr Ref. 5180 ist ein wunderbares Beispiel für dieses Wagnis, das außerordentliches Fingerspitzengefühl erfordert.
Im späten 18. Jahrhundert waren in Genf noch mehr als 200 Graveure tätig. Doch zwischen 1970 und 1980 war ihre Kunst beinahe ausgestorben. Bei Patek Philippe, wo diese Handwerker von Beginn an Arbeit gefunden hatten, beschäftigte man sie auch weiter, als verzierte Uhren nicht mehr in Mode waren und hielt so ihren Wissensschatz am Leben. Um ein Haar wäre die Kunst der Handgravur verloren gegangen, doch heute ist sie wieder sehr gefragt und wird von Kennern hoch geschätzt. Und obgleich es nur noch wenige Meister dieser Zunft gibt, scheint das Überleben der nächsten Generation von Graveuren gesichert.