1 - Was ist eine Minutenrepetition?
Eine Repetition ist eine Komplikation in einer mechanischen Uhr, die auf Wunsch durch Betätigen eines Drückers oder Schiebers die Zeit anschlägt. Unterschiedliche Repetierwerke ermöglichen Zeitschläge in verschieden großen Intervallen – von der einfachen Viertelrepetition, die nur die Anzahl der Stunden und Viertelstunden anschlägt, bis zur Minutenrepetition, die die Stunden, Viertelstunden und Minuten in jeweils unterschiedlichen Tonhöhen erklingen lässt. Bevor es elektrisches Licht gab, erlaubten es Repetitionen, im Dunkeln die Zeit zu bestimmen; genutzt wurden sie auch von Sehbehinderten. Heute sind Minutenrepetitionen, die zu den komplexesten Repetiermechanismen zählen, als rare Meisterwerke der Präzisionsmechanik bei Sammlern und Uhrenliebhabern hoch begehrt.
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Minutenrepetitionen erzeugen drei unterschiedliche Klänge: Die Stunden werden in der Regel mit einem tiefen Ton geschlagen, die Viertelstunden durch eine Zweiton-Sequenz und die Minuten durch einen hohen Ton. So schlägt eine Minutenrepetition zum Beispiel die Uhrzeit 2:49 Uhr mit zwei tiefen Tönen für die beiden Stunden, gefolgt von drei Zweiton-Sequenzen für die 45 Minuten (drei Viertelstunden) und vier hohen Tönen für die seit der letzten Viertelstunde verstrichenen vier Minuten.
Der Zeitschlag erfolgt durch kleine Stahlhämmer auf unterschiedlich gestimmte Tonfedern – feine Stahldrähte, die innerhalb des Uhrgehäuses kreisförmig um das Uhrwerk gewunden sind. Der Schlagmechanismus mit seinen winzigen, kompliziert geformten Rechen und Staffeln, Nocken und Rädern gehört zu den aufwendigsten Uhrenkomplikationen.
Die Minutenrepetition besitzt eine lange Tradition in der großen Uhrenfamilie, die man gemeinhin Schlaguhren nennt, und gilt als eines der technisch anspruchsvollsten Mitglieder dieser Familie..
Ihr Ursprung kann bis ins ausgehende 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Die ersten Schlaguhren waren so genannte „stumme“ Uhren mit Stundenschlag ans Gehäuse, das man in der Hand halten musste, um die Zeit zu erfühlen. Sie waren zum Beispiel bei Höflingen beliebt, die damit während der ermüdenden Empfänge und königlichen Ratssitzungen sehr diskret in ihren Taschen die Uhrzeit erfahren konnten, ohne den Monarchen zu beleidigen.
Mit der Zeit wurde eine Glocke eingebaut, meist innen am Gehäuseboden, die durch einen Hammer angeschlagen wurde, und so entstanden die ersten Schlaguhren. Daraus entwickelten sich später Uhren, die nicht nur die Stunden erklingen ließen, sondern auch die Viertelstunden, die Halbviertel (siebeneinhalb Minuten) und die fünf Minuten.
Die ersten Minutenrepetitionen tauchten Mitte des 18. Jahrhunderts auf. Ende des gleichen Jahrhunderts entwickelte A.L. Breguet einen Mechanismus, der die Stunden, Viertelstunden und Minuten schlug und anstelle einer Glocke zwei runde, um das Uhrwerk gewickelte Tonfedern besaß. Dies sparte Platz und produzierte unterschiedliche Tonhöhen. Der Minutenrepetitionsmechanismus wurde weiter perfektioniert und weist seit Ende des 19. Jahrhunderts die bis heute gebräuchliche Konfiguration auf.
Ein Minutenrepetitionsmechanismus besteht aus über 100 eigens konstruierten Einzelteilen, von denen jedes mit extrem genauen Toleranzen gefertigt werden muss. Schon der Einbau in eine Taschenuhr erfordert höchste Geschicklichkeit, ihn jedoch in eine Armbanduhr zu integrieren, erhöht die Komplexität der Aufgabe um ein Vielfaches, weil das vergleichsweise kleine Gehäuse eine weitere Miniaturisierung der ohnehin schon extrem kleinen Einzelteile verlangt.
Der Zusammenbau einer Minutenrepetition bedeutet für einen Uhrmacher 200 bis 300 Stunden Arbeit, und nur jahrzehntelange Erfahrung, die unerlässlich für die Aneignung der erforderlichen Fertigkeiten ist, qualifiziert ihn für diese Aufgabe. Der Weg dorthin mit seiner Fülle von mechanischen Herausforderungen wäre ohne fachlich fundierte Praxis nicht zu bewältigen.
Dennoch zeigt die abschließende Analyse der Klangqualität, dass keine zwei Uhren genau gleich klingen. Diese subtilen Unterschiede gibt es auch bei jeweils gleichem Uhrenmodell und Gehäusematerial – ähnlich einem Fingerabdruck.
In den frühen 1960er Jahren war die Tradition der Fertigung von Minutenrepetitionen nahezu ausgestorben. Dennoch entschied sich Philippe Stern, der ehemalige Präsident von Patek Philippe, die Produktion anlässlich des 150-jährigen Firmenjubiläums 1989 wiederaufzunehmen und in die Armbanduhrenkollektion erneut Minutenrepetitionen einzuführen.
Die Abteilung für Forschung und Entwicklung bei Patek Philippe hat sich jahrelang intensiv mit antiken Uhren beschäftigt, sie demontiert und ihr Innenleben studiert um zu sehen, welche Lehren aus der Vergangenheit helfen können, die Minutenrepetition innovativ weiterzuentwickeln.
In dieser Zeit hörte sich der damalige Präsident persönlich viele Schlagwerke alter Minutenrepetitionen an und stellte fest, dass die Minutenrepetition, obwohl sie höchste Uhrmacherkunst verkörpert, paradoxerweise am einfachsten zu kritisieren ist. „Auch wer nichts von Uhren versteht“, erklärt er, „kann sofort hören, ob der Klang sauber ist oder nicht.“
Um den Klang der Minutenrepetitionen zu perfektionieren, hat man in jahrelanger Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (École Polytechnique Fédérale de Lausanne – EPFL) und der Genfer Ingenieurschule mit verschiedenen Legierungen experimentiert und die Mengenverhältnisse der einzelnen Metalle auf unterschiedliche Weise variiert, um die für die Klangqualität von Patek Philippe Tonfedern optimale Legierung zu finden.
Als familiengeführte Uhrenmanufaktur wird Patek Philippe auch in Zukunft bei den Minutenrepetitionen eine Vorreiterrolle spielen – jede einzelne dieser Uhren wird vom Präsidenten persönlich geprüft, bevor sie die Ateliers verlässt. Patek Philippe führt zudem die größte Kollektion von Minutenrepetitionen in ihrem Standardsortiment und positioniert das Unternehmen als Branchenführer für komplizierte Uhren.